1. Präsenzschulungen für Betriebsräte: Kein Zwang zu Online-Schulungen
- Gericht: Bundesarbeitsgericht (BAG)
- Datum: 7. Februar 2024
- Aktenzeichen: 7 ABR 8/22
- Normen: Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), § 37 Abs. 6 BetrVG
- Sachverhalt: Ein Betriebsrat verlangte die Teilnahme an einer Präsenzschulung, obwohl eine kostengünstigere Online-Schulung verfügbar war. Der Arbeitgeber lehnte dies ab und verwies auf die geringeren Kosten der Online-Schulung.
- Entscheidung: Das BAG entschied zugunsten des Betriebsrats und stellte klar, dass Präsenzschulungen für Betriebsräte weiterhin Vorrang haben, sofern diese für die ordnungsgemäße Ausübung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Die Kosten trägt der Arbeitgeber, einschließlich Reise- und Übernachtungskosten.
- Bedeutung: Diese Entscheidung stärkt die Rechte von Betriebsräten, insbesondere hinsichtlich ihrer Weiterbildung. Arbeitgeber sollten berücksichtigen, dass der Kostenvorteil von Online-Schulungen nicht ausschlaggebend ist, wenn Präsenzveranstaltungen für die Qualifikation erforderlich sind.
2. Urlaubskürzung während der Elternzeit
- Gericht: Bundesarbeitsgericht (BAG)
- Datum: 16. April 2024
- Aktenzeichen: 9 AZR 165/22
- Normen: Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG), § 17 Abs. 1 BEEG
- Sachverhalt: Ein Arbeitgeber kürzte den Urlaubsanspruch eines Mitarbeiters rückwirkend, nachdem dieser Elternzeit genommen hatte und das Arbeitsverhältnis kurz darauf endete. Der Arbeitnehmer klagte gegen die Kürzung.
- Entscheidung: Das BAG entschied, dass eine Kürzung des Urlaubsanspruchs nur während der Elternzeit und nicht nachträglich erfolgen darf. Andernfalls bleibt der volle Urlaubsanspruch bestehen.
- Bedeutung: Arbeitgeber müssen die Kürzung von Urlaubsansprüchen rechtzeitig während der Elternzeit geltend machen. Verzögerungen führen dazu, dass der volle Anspruch bestehen bleibt.
3. Vergütung von Duschzeiten als Arbeitszeit
- Gericht: Bundesarbeitsgericht (BAG)
- Datum: 6. September 2024
- Aktenzeichen: 5 AZR 154/22
- Normen: Arbeitszeitgesetz (ArbZG), § 2 Abs. 1 ArbZG
- Sachverhalt: Ein Arbeitnehmer in einem Chemiebetrieb forderte, dass die Zeit für das Duschen nach der Arbeit als Arbeitszeit anerkannt und vergütet wird, da das Duschen aufgrund der Arbeitsbedingungen erforderlich sei. Der Arbeitgeber lehnte dies ab.
- Entscheidung: Das BAG entschied, dass das Duschen vergütungspflichtige Arbeitszeit ist, wenn es durch die Art der Arbeit erforderlich ist, beispielsweise zur Entfernung gefährlicher Stoffe.
- Bedeutung: Arbeitgeber sollten Arbeitsprozesse und Tätigkeiten dahingehend prüfen, ob diese zusätzliche Tätigkeiten wie Duschen erfordern, und diese als Teil der Arbeitszeit berücksichtigen.
4. Beweiswert von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen
- Gericht: Bundesarbeitsgericht (BAG)
- Datum: 13. Dezember 2023
- Aktenzeichen: 5 AZR 137/23
- Normen: Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 275
- Sachverhalt: Ein Arbeitnehmer legte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor, die genau den Zeitraum der Kündigungsfrist abdeckte. Kurz nach Ende der Frist trat der Arbeitnehmer eine neue Stelle an. Der Arbeitgeber zweifelte an der Echtheit der Bescheinigung und verweigerte die Entgeltfortzahlung.
- Entscheidung: Das BAG entschied, dass der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert sein kann, wenn erhebliche Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit bestehen. In solchen Fällen kann der Arbeitgeber die Zahlung verweigern.
- Bedeutung: Arbeitgeber können bei berechtigten Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit die Zahlung der Entgeltfortzahlung verweigern. Es ist jedoch ratsam, solche Fälle sorgfältig zu prüfen und gegebenenfalls Beweise vorzulegen.
5. Überstundenzuschläge für Teilzeitbeschäftigte
- Gericht: Bundesarbeitsgericht (BAG)
- Datum: 15. Mai 2024
- Aktenzeichen: 10 AZR 210/22
- Normen: Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG), § 4 Abs. 1, Gleichbehandlungsgrundsatz
- Sachverhalt: Eine teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin verlangte Überstundenzuschläge für Mehrarbeit, obwohl sie die Stunden eines Vollzeitbeschäftigten nicht überschritt. Der Arbeitgeber lehnte dies ab und argumentierte, dass Überstundenzuschläge nur für Vollzeitkräfte gelten.
- Entscheidung: Das BAG entschied, dass Teilzeitkräfte ab der ersten Überstunde Anspruch auf Zuschläge haben, sofern Vollzeitkräfte für vergleichbare Mehrarbeit Zuschläge erhalten.
- Bedeutung: Diese Entscheidung fördert die Gleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten und zwingt Arbeitgeber, ihre Vergütungsstrukturen anzupassen, um Diskriminierung zu vermeiden.
Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber und Arbeitsrechtler:
- Interne Regelungen überprüfen: Arbeitgeber sollten ihre Arbeitszeit-, Vergütungs- und Urlaubsregelungen regelmäßig prüfen und anpassen, um rechtlichen Anforderungen zu entsprechen.
- Schulungsbedarf bewerten: Die Rechte von Betriebsräten im Hinblick auf Schulungen sollten beachtet und Schulungskosten realistisch eingeplant werden.
- Dokumentation stärken: Arbeitgeber sollten die Gründe für Zweifel an Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen oder Kürzungen von Urlaubsansprüchen genau dokumentieren.
- Gleichbehandlung sicherstellen: Teilzeit- und Vollzeitkräfte müssen gleich behandelt werden, insbesondere in Bezug auf Überstunden und Zuschläge.
- Spezifische Tätigkeiten analysieren: Zusätzliche Tätigkeiten wie das Duschen sollten bei der Arbeitszeitplanung berücksichtigt werden, wenn sie arbeitsbedingt erforderlich sind.
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